Arme Menschen haben nicht nur sehr wenig Geld. Arm sein bedeutet: ausgeschlossen sein. Wer am Leben in der Gemeinschaft teilhaben will, stellt fest: Fast nichts ist umsonst. Fahrkarten mit dem Bus kosten Geld, das Theater verlangt Eintritt, in der Volkshochschule sind Kursgebühren fällig. Oft ist der Besuch einer Veranstaltung mit einem faktischen Konsumzwang verbunden.

Sozialleistungen wie die Grundsicherung sollen ein Existenzminimum absichern, Möglichkeiten zur Teilhabe eröffnen sie oft nicht und können das auch nicht. Als eine der ersten Städte in Deutschland hat die Stadt Konstanz darauf reagiert und bereits 1986 den Sozialpass eingeführt, der Menschen mit wenig Geld, Vergünstigungen und Teilhabemöglichkeiten bietet. Ziel des Sozialpasses ist es, sozialer und kultureller Ausgrenzung entgegen zu wirken.

Seit 1986 hat die Stadt Konstanz – oft angeregt von uns Sozialdemokraten – die Leistungen des Sozialpasses stetig ausgeweitet und auch den Kreis der Berechtigten vergrößert. So können heute auch Menschen, die Wohngeld beziehen, den Sozialpass beantragen. Der Pass ist also auch ein Angebot für von Armut bedrohte Haushalte. Stolze 600.000 Euro ist dies der Stadt jedes Jahr wert. Der soziale Nutzen für unser Gemeinwesen ist jedoch weit höher.

Trotz aller Erfolge dieses Instruments bleibt ein Problem bestehen: Viele Berechtigte wollen gar keinen Sozialpass haben. Warum? Wer den Sozialpass nutzt und ein vergünstigtes Angebot annimmt, zeigt öffentlich: ich bin arm. Vielen Betroffenen ist das peinlich und sie schämen sich dafür. Daher verzichten viele auf Sozialleistungen und eben auch auf den Sozialpass.

Wir meinen, das muss so nicht sein. Schon seit einiger Zeit arbeitet die Marketing und Tourismus-Gesellschaft der Stadt am Konzept einer Konstanz-Card. Das ist eine Rabatt- und Vergünstigungskarte für Einheimische. Wir halten das für eine gute Idee und haben vorgeschlagen, den Sozialpass darin zu integrieren.

Jan Welsch
Mitglied im Sozialausschuss