Bodenseefestival hat keine Zukunft
Das Theater ist im Gespräch, die Südwestdeutsche Philharmonie überrascht mit neuen Konzerten, die Konstanzer Museen sind lebendiger denn je. Die Konstanzer Kulturszene lebt und präsentiert ein vielfältiges und abwechslungsreiches Angebot. Eine Veranstaltungsreihe fällt dagegen kaum auf: das Bodenseefestival. Ausgelöst durch einen Antrag der SPD-Fraktion zur Änderung des Stadtentwicklungsprogramms stellt sich die Frage, nach der Zukunft des Festivals. Stadtrat Jürgen Leipold plädiert in einem Beitrag für das Südkurier-Forum “Pro und Contra” für einen Rückzug der Stadt aus einem Festival ohne Profil.
Es ist das gleiche Bild. Wie schon bei der Vorgängereinrichtung des Bodenseefestivals, den Konstanzer Internationalen Musiktagen, ertönt immer wieder mal der Ruf nach einer (der wievielten?) “Neukonzeption”. Als Neukonzeption 1989 von Friedrichshafen und Konstanz mit Assistenz des Landes und des Rundfunks aus der Taufe gehoben ist das Festival immer noch nicht erwachsen geworden, sucht weiter nach seinem speziellen Platz im Kulturleben und seiner Verankerung in der Bevölkerung. Das Programm erinnert weniger an ein Festival, eher an eine lose Aneinanderreihung einzelner Veranstaltungen. Den Traum, einmal eine “Marke” von Qualität und Gewicht der Bregenzer Festspiele – ganz zu schweigen von deren touristischen Bedeutung – zu werden, kann man natürlich noch weitere Jahre träumen. Der Ausstieg des SWR macht ihn freilich nicht realer.
Man muss auch sehen: Der Platz für solche Ereignisse ist enger geworden – kaum eine Gemeinde, die nicht ihr eigenes – und häufig wahrlich nicht schlechtes – Musikprogramm speziell im Sommer vorweisen kann; die kunstsinnigen Bürgerinnen und Bürger sind mobiler denn je. Um Rilke abzuwandeln: Wer jetzt keinen Markt hat, baut sich keinen mehr.
Wer über Kultur redet, muss auch über Geld reden. Gewiss: Konstanz geht es derzeit besser denn je. Das schafft Möglichkeiten, jetzt endlich ein großes Werk schultern: Ein Kultur- und Kongresszentrum. Die wenigen tausend Euro für Gesellschaftsanteile am Festival sind nicht das Problem, sechsstellige Beträge, um das Bodenseefestival als neue Marke zu installieren, dagegen schon. Ich halte es für klüger, Kräfte und Geld auf wichtigere Aufgaben zu konzentrieren. Das bringt für die Musik und das Kulturleben am Bodensee allemal und dauerhaft mehr als ein vergängliches Ereignis, das irgendwie/irgendwo zwischen Friedrichshafen und Konstanz, zwischen Oberschwaben und der Schweiz nach seiner Orientierung und seinem Gesicht sucht.