Bürgerentscheid erforderlich – Mitgliederversammlung diskutierte Konzerthauspläne

Gemeinderat und Bürger diskutieren wieder heftig über das geplante Kongresszentrum und Klein-Venedig. Es war die SPD-Fraktion, die nach Jahren des Stillstands entscheidende Anstöße gegeben hat. „Wir wollen eine gute Stadthalle und kein Kongresszentrum“, sagte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Leipold auf der letzten Mitgliederversammlung der SPD Konstanz. Er sehe gute Chancen, den Bau einer Halle durchzusetzen, die wirklich zu Konstanz passe.

Leipold erteilte Größen-Phantasien eine deutliche Absage: „Wir brauchen kein internationales Zentrum, das mit Zürich oder Stuttart um Kongresse konkurriert.“ Konstanz benötige aber sehr wohl eine Heimat für sein Orchester. Diese Halle müsse auch für andere kulturelle Anlässe, Tagungen und Feste nutzbar sein. Kleinere Städte aus der näheren und weiteren Umgebung wie Singen oder Tuttlingen haben in den letzten Jahren neue Hallen gebaut oder bestehende Tagungsstätten erweitertet und saniert. Ihnen gelinge es zunehmend, Veranstaltungen anzuwerben, die in zuvor in Konstanz stattfanden. Anfang 2009 ist Singen Tagungsort für einen SPD-Landesparteitag. Für solche Zwecke kann Konstanz schon lange keine angemessenen Orte mehr anbieten. „Wir können also von Singen lernen“, meint Jürgen Leipold.

Doch bis zu einer Stadthalle in Konstanz ist es noch ein weiter Weg, auch wenn der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung weitere Planungsschritte beschlossen hat. Kein Zweifel besteht für die SPD, dass die Bürger über den Bau der Halle entscheiden müssen: „Wir haben schon den Bürgerentscheid 2003 durchgesetzt“, erläutert Leipold. Allerdings könne man erst dann die Bürgerschaft befragen, wenn es wirklich etwas zu entscheiden gibt.

„Doch soweit ist es noch nicht In nahezu jedem Bereich fehlt es an verlässlichen Daten und Planungen.“

Wie groß soll die Halle werden?
Die Verwaltung habe vier Vorschläge erarbeitet und dazu die Baukosten hochgerechnet. Das Raumprogramm wurde allerdings mit keiner Silbe begründet. So bleiben Fragen: Warum muss der große Saal einschließlich der Empore 1500 Sitzplätze bieten? Und warum sind neben einem kleinen Saal insgesamt 12 Konferenz- und Seminarräume erforderlich?

Überhaupt werden zu große Hoffnungen auf das Geschäft mit Tagungen gesetzt, so Leipold. In Friedrichshafen werde das Graf-Zeppelin-Haus gerade einmal zu 16 Prozent mit derartigen Veranstaltungen belegt. Aus anderen Stadthallen weiß man, dass der Konkurrenzkampf groß ist.

Klein Venedig – und sonst?
Viele Bürger, darunter viele SPD-Mitglieder äußern starke Bedenken gegen einen Standort Klein Venedig. Diese müssen ernst genommen werden. Dazu bedürfe es einer fundierten städtebaulichen Untersuchung und Abwägung. Wer nur „Glaubenssätze“ wiederhole, diene der Sache nicht. Leipold machte aber deutlich, dass eine Stadthalle in Konstanz einen Bezug zum Bodensee benötige. Gibt es Alternativen? Diskutiert wurden das ehemalige Great-Lakes-Gelände am Seerhein oder das Büdingen-Grundstück an der Seestraße. Doch bei beiden Flächen ist aufgrund von Eigentums- und Vertragsverhältnissen im Moment unklar, ob und unter welchen Bedingungen sie zur Verfügung stehen würden.

Vor allem Verkehrsfragen werden gegen Klein Venedig vorgebracht. Diese müßten selbstverständlich vor einem Bau geprüft werden. Doch bevor verlässliche Prognosen erstellt werden können, müsse Größe und Konzept der Halle definiert sein. Unverzichtbar sei eine Studie, für die Stadt Konstanz den Untersuchungsauftrag selbst definiere. Insbesondere Dr. Jürgen Ruff wies auf eine widersprüchliche Haltung des Oberbürgermeisters hin, der einerseits den Gutachter, Herrn Zweibrücken, zustimmend zitiere, andererseits dessen Vorschläge doch nicht umsetzen wolle.

Wer bezahlt?
Finanzierung und Betrieb der Halle sind für die SPD ein entscheidendes Kriterium: Veranstaltungshallen sind öffentliche Einrichtungen. Investitionen und Betrieb müssen von den Städten selbst bezahlt werden. Doch der Oberbürgermeister sei ein Gefangener seiner Aussagen aus seinem ersten Wahlkampf: Er hoffe nach zwölf Jahren immer noch auf einen privaten Investor. Doch selbst wenn sich einer finde, baue dieser nicht mit eigenem Geld. Rechtlich und ökonomisch mache es keinen Unterschied, ob die Stadt Kredite für den Bau der Stadthalle aufnimmt oder einer privaten Firma 30 Jahre lang Beträge in Millionenhöhe bezahlen muss. „Vieles spricht dafür, dass der Bau der Halle in Eigenregie der Stadt günstiger ist,“ sagt Leipold, zumal sie einen Teil der Investition aus Rücklagen bezahlen könne.

Bei einer Zusammenarbeit der Stadt mit Investoren habe sie zudem geringere Möglichkeiten, auf eine hochwertige Architektur Einfluss zu nehmen. Doch gerade bei einem seenahen Standort müsse darauf besonders geachtet werden.

Bürgerentscheid

Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln eine wichtige Gemeindeangelegenheit den Bürgern zur Entscheidung (Bürgerentscheid) vorlegen, sagt die baden-württembergische Gemeindeordnung. Ein Bürgerentscheid ist dann gültig, wenn die Mehrheit 25 Prozent der Wahlberechtigten entspricht. Verwaltung und Gemeinderat sind drei Jahre an einen Bürgerentscheid gebunden.

Im Bürgerentscheid am 7. Dezember 2003 hatte eine Mehrheit von 54 % ein Konzert- und Kongresszentrum auf Klein Venedig abgelehnt. Allerdings entsprach diese Mehrheit nur 21 % der Wahlberechtigten, so dass keine rechtlich verbindliche Entscheidung zustande kam. Denn dazu wäre eine absolute Mehrheit von 16500 Stimmen erforderlich gewesen, die deutlich verfehlt wurde.