Nulltarif – eine Lösung für Konstanz?
Ein verlockender Vorschlag kam dieser Tage von der Bundesregierung: der öffentliche Nahverkehr zum Nulltarif. Für manche Städte mit sehr hohem Pkw- und wenig Fuß- und Radverkehr mag dies zur Verringerung der Schadstoffbelastung beitragen, doch wäre es auch für Konstanz und seine Verkehrsprobleme in der Innenstadt eine Lösung?
Wer das Angebot des „Roten Arnold“ mit dem Verkehrsangebot in Städten ähnlicher Größe vergleicht, stellt schnell fest: Busse fahren in Konstanz öfter und zu günstigeren Preisen als anderswo. Wirtschaftlich ist der Busbetrieb trotzdem: Etwa 70 Prozent der Kosten werden durch den Verkauf von Fahrkarten gedeckt. Fällt dies weg, fehlen 12 Millionen € in der Kasse, fast so viel, wie die Stadt netto für alle ihre Schulen aufwendet.
Ein Nulltarif hat zudem unerwünschte Nebeneffekte: Nicht nur bei schlechtem Wetter lassen dann viele ihr Fahrrad stehen und nehmen den Bus. Anstatt zu Fuß zu gehen, werden mehr Menschen nur für eine oder zwei Stationen in den Bus steigen Die Nachfrage – und damit der Bedarf an zusätzlichen Bussen – wird also kräftig wachsen und so auch die Kosten. Fraglich ist, ob damit ein nennenswerter Umstieg vom Auto auf umweltfreundliche Verkehrsmittel erreicht wird.
Vor allem aber wird ein kostenloser Busverkehr kaum einen Effekt auf eines unserer größten Verkehrsprobleme haben: Einkaufstouristen aus der Schweiz werden nach wie vor mit ihrem Auto kommen. Ob der Rote Arnold sie nun etwas kostet oder nicht.
Besser wäre es daher, wenn den Gemeinden mehr Geld für den Ausbau ihrer öffentlichen Verkehrsmittel zur Verfügung gestellt würde. Bedarf für dichter getaktete Fahrpläne bei Bus und Bahn haben wir; auch für umweltfreundlichere Antriebssysteme. Und neue Projekte wie den Wasserbus auf dem Seerhein könnten wir mit dieser Hilfe schneller in die Tat umsetzen.
Dr. Jürgen Ruff
Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke
Amtsblatt Nr. 4/2018 vom 20. Februar 2018