Interessen Wohnungssuchender berücksichtigen

„Wer in Konstanz eine Wohnung sucht, ist nicht in einer Bürgerinitiative. Wer Wohnungen verhindern will, sehr wohl.“ SPD-Stadträtin Brigitte Leipold spitzte ein Grundsatzproblem der Konstanzer Stadtpolitik einprägsam zu: Die Stadt hat auf begrenzentem Gebiet nur wenig Raum für neue Bürger. 300 Wohnungen müssen aber jährlich neu gebaut werden, um den bestehenden Wohnungsmangel zu beiseitigen, ergänzte ihr Kollege Herbert Weber. Hohe Mieten und Abwanderung gerade junger Familien mit Kindern in die Umlandgemeinden und mittlerweile in die Schweiz seien die unmittelbare Folge einer unzureichenden Baupolitik.

Die Widerstände gegen Wohnungsbau wachsen, berichten die SPD-Stadträte auf einer Mitgliederversammlung der Partei aus ihrer Arbeit. „Es gibt ein schwarz-grünes Bündnis gegen Nachverdichtung“, sagt Brigitte Leipold. Unter diesem Begriff verstehen die Stadtplaner, wenn sie innerstädtische Lücken und brachliegende Flächen für eine Bebauung nutzen wollen. Bei vielen Bebauungsplänen in der Stadt regte sich zuletzt heftiger Widerstand von Anwohnern. Doch nicht jeder Einwand habe wirklich ökologische Motive. „Wir müssen sorgfältig abwägen und sowohl Belange der Nachbarn als auch nicht-organisierte Interessen berücksichtigen“, sagt Leipold.

An vielen Stellen in der Stadt zeige sich, dass zwischen sparsamem Umgang mit Grund und Boden und guten Wohnverhältnissen keine Gegensätze bestehen. Dies sei eine Herausforderung auch für neue Baugebiete, zum Beispiel am Bahnhof Petershausen. Hier gebe es noch zu wenig öffentliche Freiflächen, auf denen auch Kinder spielen können.

„Die Stadt muss von ihrer Planungshoheit aktiv Gebrauch machen,“ fordert Leipold. Es sei Aufgabe der Politik und nicht etwa von Investoren, Ziele der Stadtentwicklung vorzugeben. Eine Schlüsselrolle müsste in den Planungsprozessen der Chef des Baudezernats, Bürgermeister Kurt Werner übernehmen, meinen die Sozialdemokraten. Doch dieser setze zu sehr auf Experten und technokratische Lösungen. Zu seinen Aufgaben gehöre es auch, für städtebauliche Ziele die öffentliche Meinung zu mobilisieren.

Werners Plan, den Gestaltungsbeirat abzuschaffen, stößt bei den Sozialdemokraten nach wie vor auf große Skepsis. Nach Regensburger Vorbild, Werners alter Wirkungsstätte, will der Bürgermeister fünf Architekten in einen neuen Beirat für Architektur und Stadtgestaltung berufen. Gewählte Vertreter wären nur noch als Beisitzer zugelassen, Raum für sachkundige Bürger habe der Beirat gar nicht mehr. Doch auch ein Gremium, das mit Experten besetzt sei, könne keinen Bauherren zu guter Architektur zwingen. Werners Modell führe aber zu weniger Öffentlichkeit und Bürgerbeteiligung, weil Bauherren eine öffentliche Diskussion ihrer Vorhaben im neuen Beirat verhindern können. Auch die Einbeziehung der Ortschaftsräte in die Willensbildung sei noch nicht zufriedenstellend gelöst.

Bei anderen Planungsfragen kämpften die Sozialdemokraten erfolgreich für mehr Transparenz: Sie setzten eine rechtzeitige Information des Gemeinderats und damit der Öffentlichkeit über Bauanträge durch, die von gültigen Bebauungsplänen abweichen. Auch wenn kein gültiger Bebauungsplan existiert und die Verwaltung entscheiden muss, ob sich eine geplante Bebauung in die Umgebung einfügt, werden künftig die gewählten Vertreter frühzeitig informiert, schlägt die Verwaltung aufgrund einer Initiative der SPD vor. Das letzte Wort hat der Technische und Umweltausschuss des Gemeinderats.