Ab 2018 sollen alle Konstanzer ein Amtsblatt der Stadt in ihren Briefkästen vorfinden. Dies beschloss der Gemeinderat in der März-Sitzung gegen die Stimmen der SPD und gegen Teile der Grünen. Wird die Information der Bürger über kommunale Fragen dadurch besser? Daran gibt es erhebliche Zweifel, machten Jürgen Ruff und Jan Welsch in der Aussprache im Gemeinderat deutlich.



Denn das Amtsblatt ist nicht etwa ein nach journalistischen Kriterien erstelltes Magazin, das über Themen der Kommunalpolitik berichtet und analysiert, sondern in erster Linie ein Mitteilungsblatt für amtliche Bekanntmachungen. Ob der Gemeinderat kontrovers darüber diskutiert, wie es mehr Wohnungsbau in der Stadt geben wird, bleibt dem Leser genauso verborgen wie das Abstimmungsverhalten der einzelnen Gruppierungen im Gemeinderat. Jürgen Ruff stellte daher die Frage, ob der – klein gerechnete – Aufwand sich überhaupt lohne. Knapp 400.000 Euro soll das Amtsblatt pro Jahr kosten. Außerdem notwendig: eine weitere Stelle im Stab von Pressesprecher Walter Rügert, der inhaltlich verantwortlich wäre. Raum für Analyse und Kritik wird es im Amtsblatt nicht geben, auch wenn die Ratsfraktionen die Gelegenheit bekommen sollen, eigene Beiträge zu veröffentlichen.

Im Dezember hatte Oberbürgermeister Uli Burchardt (CDU) eine Beschlussvorlage zum Amtsblatt überraschend zurückgezogen, da er zwar eine Mehrheit, nicht jedoch eine breite politische Unterstützung aller Parteien für das Projekt sah. Die „bizarrste Koalition aller Zeiten“ aus Linken, CDU, Freien Wählern, FDP und dem Jungen Forum brachte nun die Verwaltungsvorlage zum Amtsblatt neu ein und setzte sie mit ihrer Mehrheit durch. Burchardt war zuvor von diesen Gruppierungen heftig wegen seines „undemokratischen Verhaltens“ attackiert worden.



Besonders verwunderlich: Am lautesten forderte ausgerechnet die Linke Liste ein Amtsblatt für den ungeliebten Oberbürgermeister. Dabei müsste deren Wortführer, der Journalist Holger Reile, den Unterschied zwischen unabhängiger Berichterstattung und PR, die nur die Sichtweise der Verwaltung veröffentlicht, besonders gut kennen.