In der Konstanzer Stadtkasse zeigen sich bereits nach wenigen Wochen erste gravierende Auswirkungen des Ausnahmezustands aufgrund der Corona-Pandemie: Einnahmen brechen weg, Ausgaben drohen dagegen stark zu steigen. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat fordert daher Oberbürgermeister Uli Burchardt auf, einen 2. Nachtragshaushalt vorzulegen. „Nur wenige Wochen nach der Genehmigung ist der Nachtragshaushalt 2020 Makulatur“, schreibt SPD-Fraktionschef Dr. Jürgen Ruff dem Oberbürgermeister. Auf die neue Situation müsse mit finanzpolitischen Grundsatzbeschlüssen reagiert werden. Dies sei Aufgabe des Gemeinderats.

Die Stadt müsse damit rechnen, dass große Teile der Steuereinahmen wegbrechen: So sei mit einem starken Rückgang der Gewerbesteuervorauszahlungen zu rechnen. Auch die Einnahmen aus Mieten und Pachten könnten sich stark vermindern. Viele Einrichtungen der Stadt wie Theater, Orchester oder die Bäder hätten aufgrund der Schließung keine Einnahmen mehr, die Kosten laufen dagegen weiter. Besonders seien auch die Stadtwerke vom allgemeinen Stillstand betroffen.

Sowohl auf der Einnahmeseite als auch auf der Ausgabenseite ergäben die Einbußen und die Kostensteigerungen eine so erhebliche Abweichung vom Haushaltsplan, dass aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ein weiterer Nachtragshaushalt zwingend erforderlich sei, stellt Ruff fest. Die haushaltwirtschaftliche Sperre, die die Kämmerei erlassen habe, sei „eine Notbremse der Verwaltung“. Finanzpolitische Grundsatzentscheidungen müssten dagegen vom Gemeinderat getroffen und verantwortet werden, betont Ruff.

Die SPD hält es für geboten, die Prioritäten im Investitionsprogramm der Stadt neu zu diskutieren und festzulegen. Dies sei vor allem deswegen nötig, weil aus dem Jahr 2019 beträchtliche Haushaltsmittel ins laufende Jahr übertragen wurden. „Es muss geprüft werden, ob die bewilligten Investitionsmittel in vollem Umfang verwendet werden oder ob Geld auch umgeschichtet werden kann.“

Der zweite Nachtragshaushalt könne kein Sparhaushalt sein, ergänzt Stadtrat Jan Welsch: Die Stadt habe die Aufgabe einen konjunkturgerechten Haushalt vorzulegen. Dies mache er erforderlich, auch in den Folgejahren zu investieren. Gleichzeitig müsse der Haushalt einen Beitrag leisten, um die Stadtgesellschaft wirtschaftlich und sozial zu stabilisieren. Welsch erinnert aber daran, endlich wieder die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Außerdem müsse im Nachtragshaushalt sichergestellt werden, dass die Stadt über ausreichend Liquidität verfüge. Dazu müsste die Ermächtigung für Kassenkredite erweitert werden, so die SPD.

Die Sozialdemokraten halten es für realistisch, dass der Nachtragshaushalt vor der Sommerpause, also im Juli beschlossen werden könnte. Im Mai gehen viele Informationen zur weiteren Beurteilung der Lage ein: Bund und Länder veröffentlichen die aktuelle Steuerschätzung, viele kommunale Steuern seien Mitte Mai fällig. Außerdem dürfte die Kämmerei bis Ende Mai verlässliche Informationen haben, welche Projekte der Stadt sich verschieben lassen.