SPD will Armut nicht hinnehmen
Stadt muss eigenen Beitrag zur Bekämpfung der Armut leisten
Etwa 5000 Menschen in Konstanz sind auf die Grundsicherung für Arbeitslose angewiesen, 700 Menschen benötigen Grundsicherung im Alter. Sie gelten amtlich als arm, denn ihre Einkünfte liegen unter der Grenze von 347 Euro zuzüglich der Kosten für die Unterkunft. Die Leistungen, die das Sozial- und Jugendamt an die Betroffenen auszahlt, sichern gerade das Existienzminimum. Arme Menschen leiden aber nicht nur darunter, dass sie wenig Geld haben. Von Armut Betroffene – vor allem Kinder – leiden darunter, dass sie nur sehr eingeschränkt am sozialen Leben teilhaben können.
Die SPD-Fraktion im Gemeinderat will Armut nicht einfach hinnehmen. Auf verschiedenen Ebenen unternehmen SPD-Stadträte Initiativen, um die Lebenssituation armer Menschen in Konstanz zu verbessern. Denn die Stadt Konstanz kann eigene Beiträge zur Bekämpfung der Armut leisten, lautet die feste Überzeugung der SPD-Fraktion, auch wenn die wichtigen Entscheidungen auf der Bundesebene fallen.
Sonja Hotz regte an, den Konstanzer Armutsbericht, der im Jahr 2002 erarbeitet wurde, fortzuschreiben. Denn in den letzten Jahren haben sich die sozialrechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend verändert. Der Armutsbericht soll aufzeigen, wie groß das Ausmaß der Armut ist, und wo sich für eine Stadt, denen das Schicksal ihrer schlechter gestellten Mitbürger nicht egal ist, neuer Handlungsbedarf ergibt. Einige Fragen wiederholen sich: Wie groß ist das Armutsrisiko für Kinder, will Hotz wissen? Wie groß ist der Zusammenhang zwischen Armut und Mietpreisen? Eine neue Frage dreht sich um Armut bei älteren Menschen mit Migrationshintergrund.
Einen ersten Erfolg konnte Hanna Binder bereits erzielen. Auf Ihre Anregung hin wurde der Konstanzer Sozialpass überarbeitet. Schon seit 20 Jahren unterstützt die Stadt Konstanz damit Bedürftige dabei, am sozialen und kulturellen Leben teilzuhaben. Auf Beschluss des Sozialausschusses wird der Kreis der Empfänger ausgeweitet. So sollen nicht auch die Bezieher von Wohngeld auf Wunsch einen Sozialpass erhalten.
Bislang gab es mit dem Sozialpass Vergünstigen bei Bussen und Bädern. Der Besuch der Museen, des Theaters und der Philharmonie ist vergünstigt. Auch der Südkurier macht mit. Wer einen Sozialpass hat, kann ihn zum Studentenpreis abonnieren. Neu eingeführt werden Beitragsermäßigungen bei Sportvereinen und in der Musikschulen. Davon können vor allem Kinder profitieren. Die Verwaltung rechnet mit relativ geringen Mehrkosten von ca. 55000 Euro pro Jahr. Damit folgte der Ausschuss dem SPD-Vorschlag und lehnte eine Initiative der Grünen ab, die allen Familien unabhängig von ihrer sozialen Lage zahlreiche Vergünstigungen gewähren wollte.
Auch die Stadtwerke sind mit Armut konfrontiert. Immer wieder können Menschen die Kosten für Strom und Gas nicht bezahlen. Als Folge ihres Zahlungsverzugs drehen die Stadtwerke oft Strom und Gas ab. In vielen Fällen ist es erst diese einschneidende Maßnahme, die Betroffene dazu bringt, sich um die Ordnung ihrer persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Herbert Weber, der im Aufsichtsrat der Stadtwerke sitzt, will von der Geschäftsführung Auskunft über den Umfang dieses Problems haben. Wie viele Menschen sind von einer Unterbrechung der Energielieferungen betroffen, fragt er. Weber will so herausfinden, wie die Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken und anderen öffentlichen Stellen verbessert werden kann.
Noch keine Entscheidung ist im Schulbereich gefallen. Viele Kinder können nicht am gemeinschaftlichen Mittagessen in der Ganztagesschule teilzunehmen, weil sich ihre Eltern die Gebühren nicht leisten können. Die Verwaltung will dem Ausschuss für Schule, Bildung und Wissenschaft einen Lösungsvorschlag unterbreiten. Hanna Binder hatte dies schon vor einem Jahr gefordert.