„Keine Wahlgeschenke“ – Gemeinderat beschließt Doppelhaushalt 2009 und 2010

223 Millionen Euro kann die Stadt Konstanz 2009 für öffentliche Einrichtungen ausgeben. Im Jahr darauf stehen sogar knapp 235 Millionen Euro zur Verfügung, so viel Geld wie nie zuvor. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat stimmte dem Doppelhaushalt 2009 und 2010 zu. In den vorausgegangenen Haushaltsberatungen haben die Sozialdemokraten gemeinsam mit anderen Fraktionen zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf der Verwaltung durchgesetzt. Das war auch notwendig, um den Haushalt „für uns und für die Bürger der Stadt“ zustimmungsfähig zu machen, erklärte der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jürgen Leipold in seiner Haushaltsrede.

Wahlgeschenke verteile der Gemeinderat nicht, sagte er. Mit dem Haushalt beweise die Stadt vielmehr, dass sie ihre Aufgaben erfüllen kann, ohne auf große Projekte – wie das Konzert- und Kongresshaus -verzichten zu müssen.

Leipold versah das „deutliche Ja“ der SPD mit einem ebenso deutlichen „Aber“. Denn in vielen Bereichen müsse noch nachgearbeitet werden. Es reiche nicht aus, einfach einige Haushaltsansätze anzupassen.

  • Der Haushalt macht es möglich, dass ab 2009 weitere Ganztagesschulen entstehen. Eine vorausschauende Schulentwicklungsplan müsse aber frühzeitig deutlich machen, wo und wie die Stadt in den folgenden Jahren aktiv werden muss.
  • Im Haushalt werden zusätzliche 500.000 Euro für energiesparende Investitionen vorgesehen. Das sei positiv, aber im Vergleich mit anderen Städten ist Konstanz weit von einer herausragenden Position entfernt.
  • Für die soziale Stadt im Berchengebiet kann mehr ausgegeben werden, aber die vielen geplanten Maßnahmen müssen in konkrete Zeit- und Finanzierungspläne integriert werden.
  • Im Sanierungsgebiet Niederburg werden zusätzlich einige Gassen neu gepflastert. Aber das sei nur Pflichtprogramm. Aber alle „kreativen Elemente“ wie eine neue Fußgängerbrücke oder eine Seerheinpromenade fehlen noch.

Leipold fordert ein Konjunkturprogramm der Stadt. Die Verwaltung müsse alle Programme von Bund und Land daraufhin überprüfen, wie die Stadt an erhöhte Zuschüsse kommen könne. Zu tun gebe es genug. Weitere Energiesparmaßnahmen, Feuerwehr, Wohnungsbau oder das Konzilgebäude seien nur einige Beispiele. In der Innenstadt warten die Paradiesstraße und – nach 40 Jahren als Fußgängerzone – die Rosgartenstraße dringend auf eine Sanierung und Umgestaltung. Zwar sei der Vorschlag von Bundesbildungsministerin Annette Schavan, jeder Schule 100.000 Euro zu geben, nicht sonderlich durchdacht. „Doch jede Konstanzer Schule muss wissen, was sie mit diesem Geld machen will.“

Auf die Mitarbeiter der Stadtverwaltung warte also jede Menge zusätzliche Arbeit, räumt Leipold ein. Er lobte die Leistung einer guten bis sehr guten Verwaltung. Es sei auch als Anerkennung für deren Arbeit zu sehen, wenn der Gemeinderat in den nächsten beiden Jahren fast 30 neue Stellen bewilligt.

Der Haushalt erfüllte längst nicht alle Wünsche. Konstanz als junge Stadt vernachlässigt ausgerechnet Bedürfnisse der Jugendlichen, wie die geringe Förderung zum Beispiel für den Kulturladen gezeigt habe. Konstanz nutze zu wenig die Chancen, die eine grüne Stadt mit attraktiven Grün- und Freiflächen biete. Und Konstanz habe ein großes Defizit als Stadt der Kunst. Die Stadt müsse endlich ihren Slogan „Stadt zum See“ mit Inhalt füllen, forderte Leipold.

Möglich wurden die zahlreichen Veränderungen im Haushalt durch höhere Einnahmen. Im Lauf der Beratungen korrigierte die Verwaltung ihre Schätzung der Gewerbesteuereinnahmen beträchtlich nach oben. „Kämmerer und Eichhörnchen haben etwas gemeinsam. Sie legen Verstecke an“, sagte Leipold daher zu Stadtkämmerer Hartmut Rohloff. „Doch Eichhörnchen vergessen manche ihrer Verstecke wieder.“